498 Xxiii. §. 7. Bekenntniß und Bündniß der Evangelischen.
davon waren die Evangelischen in Deutschland überzeugt, hatten auch
sie zu erwarten. So wie der Kaiser sich den deutschen Grenzen
näherte, machte Jedermann sich auf schweren Krieg und Verfolgung
gefaßt.
§. 7. Bekenntniß und Bündniß der Evangelischen.
Was thaten nun Luther und seine Freunde, was thaten die Für-
sten und Städte, die ihm anhingen, als der mächtige Kaiser mit der
entschiedenen Absicht, sie zu verderben, über die Alpen daherzog? For-
derten sie mit feurigen Worten zum Widerstand auf, riefen sie ihre
Freunde und Genossen zum Kampf für die heiligsten Güter, für die
Freiheit der Predigt, für die Reinheit der Lehre? Nichts weniger.
Sie erklärten: um des Glaubens willen dürfe man nicht zu den Waf-
fen greisen, man müsse die Noth und den Schaden tragen. Der
Kurfürst von Sachsen war entschlossen, dem Kaiser sein Land zu öffnen,
und ihn darin nach Willkür verfahren zu lassen. Das war auch die
Meinung des Markgrafen von Brandenburg, der Stadt Nürnberg
und der anderen evangelischen Fürsten und Städte. Man hatte zwar
schon längst daran gearbeitet, sich näher zu verbinden, sich zu gemein-
samem Widerstand zu rüsten, besonders der feurige Landgraf Philipp
von Hessen hatte sehr dazu gedrängt. Aber jetzt, da der Kaiser er-
scheint, der rechtmäßige Oberherr, läßt man alle kriegerischen Gedan-
ken fahren. Man tritt zusammen, ja, man beräth sich, aber nicht
über Vertheidigungsanstalten, über Stellung von Mannschaft, Befe-
stigung von Schlössern, sondern über die Ausarbeitung einer kleinen
Schrift, über die Feststellung einer Reihe von Artikeln, über die Un-
terzeichnung eines Bekenntnisses, welches Melanchthon unter Luther's
Zustimmung ausgeschrieben, und welches nun die Fürsten von Sachsen
Hessen, Lüneburg, Anhalt und Brandenburg nebst etlichen Städten
sich aneigneten und Unterschrieben. Das ist die berühmte augs-
burgische Confession, das noch heute zu Recht bestehende Be-
kenntniß der evangelischen Christenheit, nebst Luther's Katechismus der
wertheste Eckstein der lutherischen Kirche. Sie ward am 25. Juni
1530 auf dem Reichstage zu Augsburg vor Kaiser und Reich feier-
lich verlesen, und von Allen, welche der Wahrheit die Ehre gaben,
mit größter Theilnahme und Beifall ausgenommen. Die Katholischen
konnten sie nicht widerlegen, obwohl sie es versuchten. Sie gaben es
bald auf, wider das Schwert des Geistes, wider das Wort Gottes
mit gleichen Waffen zu kämpfen; sie griffen schnell zu einer andern
Widerlegung — durch Gewalt. Zwar nicht die Mehrzahl der
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Extrahierte Personennamen: Jedermann Philipp
von_Hessen Philipp Melanchthon
Xxiv. §, 7. Gegenreformation in Polen und Oestreich. 543
noch drei Katholiken gefunden haben. Ferdinand aber selbst, ein
Zögling der Jesuiten, war sofort entschlossen, sein ganzes Land wieder
katholisch zu machen. Trotz aller Warnungen, Drohungen, Bitten
begann er sogleich mit der Ausweisung sammtlicher evangelischer Pre-
diger. Dann ward der evangelische Gottesdienst im ganzen Lande,
in Steiermark, Kärnthen und Krain bei Todesstrafe verboten. Eine
Commission mit einer Schaar Bewaffneter durchzog das Land. Wer
nicht katholisch werden wollte, mußte sogleich das Land verlassen. In
Kurzem waren die genannten Lande wieder vollkommen katholisch. Da
ermannte sich auch Kaiser Rudolf zu gleichen Maßregeln. Das
östreichische Erzherzogthum ward in gleicher Weise katholisch gemacht wie
die südlichen Provinzen. Schon versuchte man die gleichen Mittel
auch in Böhmen und Ungarn. Und wäre unter solchen Umständen
wohl Gerechtigkeit und Unparteilichkeit von Seiten der höchsten kaiser-
lichen Gerichte zu erwarten gewesen, wenn katholische Klagen wider
protestantische Fürsten und Städte im deutschen Reich angebracht
wurden? Sowohl das Reichskammergericht, als der Reichshofrath
zeigten von Tage zu Tage eine katholischere Färbung. Als in der pro-
testantischen Reichsstadt Donauwörth ein Tumult gegen den katholi-
schen Abt ausgebrochen war, der es wagte, eine feierliche Procession
durch die Stadt zu führen, wurde ohne Weiteres die Acht über die un-
glückliche Stadt ausgesprochen; der erzkatholische Herzog Maximilian
von Bayern eroberte sie und behielt sie und rottete sofort derl Protestan-
tismus aus. Da erhoben sich denn freilich die protestantischen Für-
sten und schlossen auf's Neue (1607) einen Waffenbund — die Union
— um ihr gutes Recht gegen die Ungerechtigkeit der Katholiken zu
vertheidigen. Aber die Katholiken schlossen nicht minder ein Bündniß
gegen die Protestanten, die Liga. Fortan war Deutschland in zwei
feindliche Lager gespalten, keine gemeinsame Handlung konnte mehr
vorgenommen, kein Reichstagsbeschluß mehr erzielt werden; die Ein-
heit des deutschen Reichs war zerbrochen.
Stehen wir an diesem Punkt einen Augenblick still und besinnen
uns, welch einen heftigen und gewaltsamen Verlauf die Dinge in dem
letzten halben Jahrhundert genommen haben. Bis in die vierziger
Jahre des sechzehnten Jahrhunderts fanden wir den Protestantismus
in fortwährendem Vordringen nach allen Seiten. Die Verluste, die er
an einzelnen Punkten erlitten hatte, waren durch Eroberungen an an-
deren Punkten reichlich wieder vergütet. Selbst der mächtige Kaiser
Karl mußte sich den Forderungen der Protestanten fügen. Der ganze
Norden gehörte bereits der evangelischen Kirche. Nach Heinrich's
Viii. und Franz' I. Tode (1547) schien sie auch in England und
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Rudolf Rudolf Maximilian
von_Bayern Maximilian Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Polen Krain Ungarn Reichsstadt_Donauwörth Deutschland England
Xxv. §. io. Deutschlands sittliche und politische Wiedergeburt. 623
ihrem Eigenthum, um über die Geschicke Deutschlands und der Welt
zu entscheiden. Aber die Freundschaft konnte keinen Bestand haben.
Bald genug sah Kaiser Alexander, daß er mit seinem bisherigen
nachgiebigen Entgegenkommen nur den Uebermuth und die Ländergier
des Unersättlichen gesteigert habe. Er trat aus dem Eontinental-
system, er forderte Rechenschaft für die Versagung des Herzogs von
Oldenburg, seines Vetters, er schloß mit Schweden, mit England ein
Bündniß und bereitete Alles vor zum Entscheidungskampf. Die bei-
den allein noch übrigen Riesen auf dem europäischen Festlande sollten
ihre Kräfte gegen einander messen. Hinter Rußlands Steppen lag
dem gierigen Auge des Eroberers schon das Continentalreich Englands
in Asien ausgebreitet; er sah sich in seinen Gedanken schon als ein
zweiter und größerer Alexander an den Ufern des Indus und des
Ganges. Aber auf diesem Wege hatte der Herr ihm den Damm
aufgerichtet, wo es hieß, bis hierher und nicht weiter, hier sollen sich
legen deine stolzen Wellen. Als er i. I. 1812 mit seiner halben
Million Soldaten, Deutsche, Preußen, Oestreicher gezwungen als
Verbündete hinter sich herschleppend, nach Rußland hineindrang, und
in waghalsigem Stürmen gerade gegen das Herz des ungeheuren
Reichs, gegen Moskau den Stoß richtete — ja da schien ihm auch
anfangs Alles zu gelingen, seine Siegesberichte ergingen sich in den
pomphaftesten Beschreibungen der ungeheuren Erfolge: wie die Rus-
sen ihm nirgend Widerstand zu leisten vermöchten, wie er sich nur zu
zeigen brauche und Alles fliehe vor ihm auseinander, wie eine Stadt
nach der andern in seine Gewalt gerathe, wie er schon Hunderte von
Meilen auf russischem Gebiete vorgedrungen sei, wie er schon vor
Moskau stehe, wie er in Moskau seinen Einzug gehalten, wie auch
Moskau gänzlich überwunden, verbrannt und vernichtet sei. Aber alle
diese prahlerischen Lügen sollten nur seine eigne Rathlosigkeit, sollten
die Schrecken des Gerichtes verdecken, welches über ihn hereinzubre-
chen begann. Nicht seine Kriegskunst hatte Moskau in seine Gewalt
gebracht, freiwillig, aber nach einem tiefen Plane hatten die Russen
es geräumt. Nicht er hatte die feindliche Stadt vernichten lassen,
die Russen selbst- hatten mit bewunderswerther Selbstverleugnung ihre
eigne Hauptstadt mit allen Kirchen und Palästen, mit allen Maaren
und Magazinen, mit all dem sauer erworbenen Gut und Obdach der
Armen und Geringen dem Untergang geweiht, selber die eigne Stadt
durch Feuer vernichtet. In gleicher Weise hatten sie alle Dörfer,
Heerden, Hütten, welche auf dem Wege des französischen Heeres wa-
ren, vernichtet, alle Vorräthe, alles kaiserliche oder persönliche Eigen-
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschlands Oldenburg Schweden England Englands Asien Moskau Moskau Moskau Moskau Moskau
Xxv. §. 8. Napoleon, die Geißel Gottes über die Welt. 599
gejauchzt, spater so wahr als ergreifend davon zu dichten gewußt,
„der schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn."
Allein das war immer nur die kleinere Zahl, die so bald sich warnen
ließ. Die große Masse ging in ihrer tollen Verblendung fort und
feierte die königsmörderischen Franzosen als die glückseligkeitbringende,
völkerbeglückende Nation, deren Thun bewunderungswürdig, deren Ab-
sichten erhaben, wohlthätig und weise wären. Da ließ denn der Herr
die lieben und gewünschten Volksbeglücker in die Nachbarländer hin-
einkommen. Eine kriegerische Verbindung sämmtlicher Nachbarstaaten
zur Rettung des eingekerkerten Königs und ein Angriff auf alle Gren-
zen gab im Jahre 1792 den Franzosen den ersten Anlaß, ihre republi-
kanische Kraft in kriegerischen Thaten zu versuchen. Vor sich den
Feind, hinter sich Schmach, Armuth, Blöße, Hunger und zuletzt das
Fallbeil, so gingen diese republikanischen halbnackten Horden mit einer
Begeisterung in den Kampf, die einer bessern Sache Werth gewesen
wäre. An allen Grenzen wurden die Verbündeten zurückgeworfen,
Belgien, Holland, das linke Rheinufer, Savoyen, Nizza, Biscaya
wurden von den Franzosen erobert —und jetzt hatten Deutsche, Hol-
länder, Italiener und Spanier genugsam Gelegenheit, ihre lieben Nach-
barn recht in der Nähe kennen zu lernen. Und ich meine, sie haben sie
kennen gelernt, — nämlich als die unbändigsten und gemeinsten Räu-
der, Diebe, Schelme und Gecken, unerträgliche Prahlhänse, Lügner
und Aufschneider, als geile Hurenböcke und roheste Unfläther. Wie
eine Schaar gieriger Raben fielen sie über die Nachbarprovinzen her
und stahlen und plünderten und preßten und quälten, daß auch kein
Groschen in der Tasche, kein Hemd auf dem Leibe und kein Zicklein
im Stalle blieb. Und dabei fort und fort die hochtönendsten Redens-
arten von Menschenglück und Völkerfreiheit im Lügenmaul. So waren
sie alle, aber Einer war darin ihr Meister, und das war Napoleon.
In Napoleon fand die Revolution, besonders so weit sie ihre Wirkun-
gen nach außen hin offenbarte, ihre höchste Spitze und ihren Mittelpunkt.
Er ist der Sohn und Erbe, aber auch der dämonische Fortbildner der
Revolution, und hat ihr Aufnahme und Bürgerrecht in der europäi-
schen Staatenfamilie verschafft, was dem rohen Jacobinerwesen schwer-
lich gelungen wäre. Was sollen wir von seiner Herkunft sagen —
seine Geschichte ist ja bekannt genug. Die erste Stufe seiner Ruh-
meslaufbahn betrat er, da er 1795 die seit dem Sturze Robes-
pierr e's immer mehr königlich gesinnten Wähler von Paris mit Kar-
tätschen auseinanderjagte und dadurch den eben abtretenden Convent
und die neu eintretenden Directoren sich zu großem Dank verpflichtete.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung]]
TM Hauptwörter (200): [T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Biscaya Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Belgien Holland Savoyen Nizza Paris